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Wie sprecht ihr Pelztragende an? - Strategieanalyse

Aktualisiert: 18. Dez. 2019

Unser Aktiv-Mitglied Robert Rauschmeier hat es sich zur Aufgabe gemacht, so viele Pelztragende wie möglich auf der Strasse anzusprechen. Als Altruist und Pädagoge geht er dabei immer freundlich auf die Leute zu und vertritt eine klar aufklärerische Haltung. So bringt er immer wieder Leute zum Nachdenken, doch viele reagieren auch mit Ablehnung oder Desinteresse. Eine Strategie-Analyse.



Wie wir bei der Anti Fur League immer wieder betonen, gilt es beim Ansprechen von Pelztragenden zwischen Gespräch und Konfrontation zu unterscheiden. Beim Gespräch nimmt man das Gegenüber ernst und versucht, sie/ihn von den eigenen Argumenten zu überzeugen. Bei der Konfrontation ist das Ziel nicht, den Pelztragenden zu überzeugen, sondern ein Statement zu machen indem man ihn/sie öffentlich für's Pelztragen geradestehen lässt.


Bisher haben wir uns v.a. mit der Konfrontation als Alternative beschäftigt und damit, warum diese unabhängig von der Aufklärung wichtig ist. Heute wollen wir uns mit der Aufklärung in Gesprächsform befassen und aufzeigen, dass auch hier "Strategien" notwendig sind, um Erfolg zu haben. Dazu gehört in erster Linie, dass man sich selbst dazu imstande fühlt - wer zu wütend, zu emotional ist, sollte auf solche Gespräche verzichten, da sie meist kontraproduktiv enden. Wenn die emotionale Grundlage gegeben ist, kann man sich vor dem Ansprechen folgende Fragen stellen:


- Mit welchem Typ von Pelzträger"in habe ich es zu tun?

- Worauf will ich hinaus und was ist meine Strategie?

- Bin ich bereit, mein Gegenüber ernst zu nehmen, ihm/ihr zuzuhören?



Mit welchem Typ von Pelzträger*in habe ich es zu tun?


Im Lauf eines Gesprächs merkt man meist sehr schnell, mit welcher "Sorte" Pelzträger*in man es zu tun hat. Um Klarheit zu schaffen, sollte die erste Frage trotzdem immer nach dem Informationsstand sein: "Weisst du, dass du Echtpelz trägst? Weisst du, wie das produziert wird?"


Die Antwort darauf muss sich auf unsere Strategie auswirken. Wen jemand es nicht weiss, ist es einfach: Wir klären sie auf, zeigen Videos, verteilen Flyer. Wenn jemand jedoch Bescheid weiss - nicht nur über die Echtheit des Pelzes sondern auch über die Hintergründe - dann müssen wir uns bewusst sein, dass Aufklärung oder "Appelle an die Menschlichkeit" nichts bringen. Die Person hat bereits kommuniziert, dass sie Bescheid weiss und es ihr egal ist - warum sollte sie uns also noch zuhören?


Im Video sagen die beiden Frauen von Anfang an klar, dass sie Bescheid wissen und es trotzdem OK finden Dies auch ganz ohne schlechtes Gewissen, denn schliesslich essen sie ja auch Fleisch, wofür ja auch Tiere gezüchtet werden und sterben. Sie sind ehrlich und betonen, dass es ihnen nur um's Aussehen geht. Kein Wunder also, dass sie nicht bereit sind, ihr Verhalten zu ändern.



Worauf will ich hinaus und was ist meine Strategie?


Sobald unser Gegenüber kommuniziert hat, dass es ihm/ihr egal ist, stecken wir in der Sackgasse: In unserem Glauben an das Gute im Menschen gehen wir immer davon aus, dass nur die Aufklärung fehlt - und dass jede/r, der/die informiert ist, automatisch verzichten würde. Dem ist aber nicht so: Eine grosse Mehrheit der Pelztragenden weiss mehr oder weniger Bescheid, empfindet es aber nicht als wichtig genug, deswegen ihr Verhalten zu ändern. V.a. nicht, wenn sie auch sonst noch tierische Produkte konsumieren. Wie gehen wir mit dieser Haltung um?


V.a. vegane Tierrechtsaktivist*innen tappen wir oft in die Falle: Wir versuchen dann, dass Gegenüber zu überzeugen, wie schlimm etwas ist, dass sie gar nicht schlimm finden. Oft nehmen wir den Fleisch- und Lederkonsum auch gleich noch mit rein - "Das ist alles schlimm!" - und dann werden wir sowieso nicht mehr ernst genommen. Der Anti-Pelz-Aktivismus sollte klar vom Vegan Outreach unterschieden werden, weil sie unabhängig voneinander ein viel grösseres Potential haben. Natürlich ist die Fleischproduktion nicht weniger schlimm als die Pelzproduktion - aber das andere ist "normal", das andere provoziert.


Gerade wenn wir es mit einem abgestumpften Gegenüber zu tun haben, können wir uns nicht darauf verlassen, dass die Person unsere Moralvorstellungen teilt. Statt sie davon überzeugen zu wollen, etwas "schlimm" zu finden - nur weil wir es auch schlimm finden - müssen wir uns fragen, was die Person selbst garantiert schon verurteilt. Mithilfe von gezielten Fragen können wir dann die Person dazu bringen, ihre eigene Moralvorstellung zu hinterfragen. Zum Beispiel:


- Würdest du auch Hundefell tragen?

- Was ist der Unterschied zwischen einem Hundefell und einem Kojotenfell?

- Ist ein Fashion-Statement wichtiger als das Leben der Tiere?

- Bist du gegen Tierquälerei?

- Müssen wir Pelz tragen, um zu überleben?

- Findest du, Tiere sollten unnötig leiden und sterben?



Bin ich bereit, mein Gegenüber ernst zu nehmen, ihm/ihr zuzuhören?


Diese Strategie nennt sich "sokratische Methode" und hat sich als Strategie der Gesprächsführung im Aktivismus enorm bewährt. Sie besteht aus zwei Grundelementen: Sein Gegenüber ernst nehmen, seine Position so gut wie möglich verstehen - und dann die eigene Kritik in Form von Gegenfragen zu formulieren. Der Grundgedanke dabei ist, dass niemand, der sich angegriffen oder kritisiert fühlt, bereit ist, zuzuhören. Wenn man ihnen jedoch einen Raum gibt, ihre Meinung zu äussern, ihnen kommuniziert, dass man sie ernst nimmt und ihnen zuhört, haben sie die Möglichkeit, selbst drauf zu kommen, dass ihre Logik dem Test nicht standhält.



Beispiel anhand des Videos:


R: Wusstet ihr schon vor dem Kauf, dass dafür Tiere gezüchtet werden und sterben?


- Ja.


R: Wusstet ihr, dass dafür Tiere in China lebendig gehäutet werden? / Wusstet ihr, dass dafür Füchse und Hunde in kleinsten Gitterkäfigen ihr ganzes Leben lang eingesperrt werden, ohne Auslauf? / Wusstet ihr, dass Füchse in Europe mit analen Stromschlägen getötet werden? ...


R: Bei uns wäre das ja Tierquälerei, also verboten. Findet ihr Tierquälerei gut?


- Nein.


Ich auch nicht, darum spreche ich euch auch an. Die meisten Menschen mit Pelz wissen ja nicht, dass sie Tierquälerei unterstützen. Findet ihr nicht auch, dass man das wissen sollte?


- Doch.


Und findet ihr, man sollte Tierquälerei unterstützen?


- Nein. ... usw.



Die hier beschriebene Strategie ist nur eine von vielen, aber sie hat sich als effizient erwiesen. Nun wollen wir eure Meinung wissen, denn wir können viel voneinander lernen: Schreibt uns in den Kommentaren, wie ihr Pelztragende ansprecht, und schickt uns eure Fotos, Videos und Erlebnisberichte via info@antifurleague.org oder als PM auf Facebook. Wir machen Gesichter unerkenntlich und teilen eure Geschichten mit der Community.



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